Gedichte
Dem blinden Freund
Der Seele nahmen sie die Fenster,
die Türen riss er selbst heraus.
Durch tiefen liliendunklen Garten
betrat ich mühsam nur sein Haus.
Hier hing der Mond in jedem Zimmer
und bleichte Haare und Gesicht.
Es roch nach Winter, klangen Farben …
wohl weinte manchmal ein Gedicht.
Die Schwermut hattte hier Zuhause.
Der Wahnwitz lachte einen an.
Die zu Beton gegossnen Träume
erübrigten die Frage Wann?
Die Mauer hinter seinem Garten
wuchs mächtig in die Einsamkeit.
Die Welt starb leise in der Ferne
und unwahr formte sich die Zeit.
Nun steht sie still. – Ich stehe staunend
vor diesem leisen, greisen Haus:
Die Fenster öffnen ihre Flügel
und brechen ohne Halt und Zügel
in das ersehnte Licht hinaus.
Tobias Mücke