Gedichte


 

75 Jahre

 

Mit dir hat alles für uns angefangen:

Das erste Lächeln lernten wir von dir,

mit deiner Hand den ersten Schritt gegangen,

mit deiner Zuversicht bis hier.

Nur du verstandest unser erstes Stammeln,

denn dein und mein war noch kein Unterschied.

Du lehrtest uns die ersten Muscheln sammeln,

du sangst mit uns das erste Lied.

 

... und dafür möchten wir dir Danke! sagen,

und heut verträgt es nicht der Wind,

ein bißchen spät vielleicht nach 75 Jahren?

Naja, du weißt ja wie wir sind.

 

Begeistern, lernen, trösten, Kleinkrieg schlichten ...

Und immer einer, dem die Lätsche hing.

Wie liebten wir am Abend die Geschichten,

bevor es in die Apfelsinenkiste ging!

Den ersten Sprung vom Turm ins kalte Wasser

belohntest du mit deinem Jubelschrei

und wurden wir danach auch etwas blasser,

so wußtest du: das geht vorbei.

 

... und dafür möchten wir dir Danke! sagen,

und heut verträgt es nicht der Wind,

ein bißchen spät vielleicht nach 75 Jahren?

Naja, du weißt ja wie wir sind.

 

Wieviele Nächte bist du wach gelegen,

wenn einer von uns in Bedrängnis kam.

Und wähntest du uns auf verkehrten Wegen,

so stecktest du nicht nur ein Kerzlein an:

die vielen Briefe, Büchlein, Exegesen

hat jeder von uns in den Schränken, nur:

denk nicht, wir hätten alle gern gelesen –

und doch blieb immer eine Spur.

 

... und dafür möchten wir dir Danke! sagen,

und heut verträgt es nicht der Wind,

ein bißchen spät vielleicht nach 75 Jahren?

Naja, du weißt ja wie wir sind.

 

Dann sind die Rabensöhne fort gezogen

und jeder baute sich sein eignes Nest.

Bist in Gedanken hinterher geflogen

und hofftest still, dass wer was hören läßt.

Und als die Fraun und Enkelkinder kamen,

da hast du stolz sie alle numeriert.

Gabs bei den andern Freuden oder Dramen:

du hast uns schnellsten informiert.

 

... und dafür möchten wir dir Danke! sagen,

und heut verträgt es nicht der Wind,

ein bißchen spät vielleicht nach 75 Jahren?

Naja, du weißt ja wie wir sind.

 

Ob Kinderlärm, Musik, Gebet und Stille

die Kraft für dein bewegtes Leben ist?

Wer weiß?, doch macht dich auch dein starker Wille

zum unheilbarsten Optimist.

Magst du noch lang auf deinem Fahrrad flitzen

mit Geige und dem weißen Lockenhaar

und so wie heut in unsrer Mitte sitzen,

das fänden wir natürlich wunderbar!

 

Für alles möchten wir dir Danke! sagen,

und heut verträgt es nicht der Wind,

ein bißchen spät vielleicht nach 75 Jahren?

Naja, du weißt ja wie wir sind.

 

 Tobias Mücke

 


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